Nach einer langen Schreibpause finde ich wieder Zeit für das Tippen und Schreiben in einem sehr bewegenden Monat. Der Juni ist nicht nur ein Einblick ins Paradies für alle Fussballfans weltweit, sondern gilt als „Pride Month“ zu den farbigsten Monaten des Jahres. Ohne Überblick versteht man gar nicht mehr so recht, wie genau Siemens, die UEFA, Flaggen in Regenbogenfarben und Fussbälle in Schwarz und Weiss zusammenhängen.
Eine kompromisslose Allianzarena
München wollte ein Zeichen mir Farben setzen. Der Münchner Stadtrat stellte einen Antrag, um beim EM-Spiel (Ungarn gegen Deutschland) die Allianzarena in den Regenbogenfarben zu Ehren des Pride Months zu beleuchten.
Dieser Antrag wurde jedoch von der UEFA, der europäischen Fussball-Union, abgelehnt. Folgende Begründung teilte die UEFA letzte Woche mit: Die UEFA sei „aufgrund ihrer Statuten eine politisch und religiös neutrale Organisation. Angesichts des politischen Kontextes dieser speziellen Anfrage – eine Botschaft, die auf eine Entscheidung des ungarischen Parlaments abzielt – muss die UEFA diese Anfrage ablehnen“. Es stellt sich die Frage, ob Gleichbehandlung geschlechtlicher Vielfalt ein politischer, oder universeller Wert ist. Doch nicht ich muss dieser Frage antworten, sondern diejenigen, die die Beleuchtung der Allianzarena ablehnen, doch über Nacht das Twitter-Profilbild der genau gleichen Institution mit den Farben Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violet dekorieren.
Werbung und Symbolpolitik
Siemens, BMW und Lenovo. Die Beleuchtung ist verboten, doch die Logos der Werbebanner, die bei jedem Spiel zu sehen sind, sind auf einmal bunter als üblich. Die Liste ist lang, viele verschiedene Firmen passen ihre Logos im Pride Month an. Das Engagement hört schon an den Landesgrenzen zur nächstgelegenen anderen Welt auf. Während europäische Kanäle mit Sprüchen über «Diversity» werben, ändert sich auf ihren Social Media Accounts im Nahen Osten nichts. Dabei geht es bei der kleinen Sache um wenige Tastenkombinationen mit einer grösseren Botschaft für die LGBT-Community. Eine Übersicht der verschiedenen Logos:
Doch wie sehr sollte man diesen farbenfrohen Erkennungszeichen eigentlich glauben? Sobald der Juni endet, kehren wir vom Farbfilm zur Schwarz-Weiß-Aufnahme zurück.
Mein Profilbild bleibt gleich.
Ja, der Pride Month ist bald vorbei, ab in die alte Normalität. Geschlechtliche und sexuelle Gleichberechtigung sollte nicht politisch sein, und schon gar nicht kommerziell. All die Stickers und Souvenirs, die für diesen einen Monat mit aufgefrischten Logos die Regale in fast jedem Supermarkt befüllen, nützen nichts, wenn die Botschaft dahinter genau so schnell vergessen geht, wie sich deren Symbolik jährlich in unserem Alltag für 30 Tage wiederfindet.
Während die LGBT Community mit Protesten und Rufen zur Gleichberechtigung versucht, gehört zu werden, bin ich mir sicher, dass grosse Firmen sich insgeheim wünschen, der Pride Month wäre im Februar statt Juni.
Nun ja, ich vertraue dieser Symbolpolitik nicht und ändere genau deswegen nie mein Profilbild für etwa vier Wochen des Jahres. Ich vertraue an die Bedeutung kleiner Zeichen, doch hoffe vielmehr auf eine Zukunft, die von weltumspannender Toleranz geleitet wird, wo diese Zeichen nicht mehr benötigt werden.
Offen gesagt: Auch wenn farbige Stickers ganz hübsch sind, hoffe ich, dass wir das Ziel der Gleichberechtigung mit Verstand und Vernunft statt Lichtern und Geschenkartikel erreichen.