Marie Colvin hatte bei einem Angriff ihr linkes Auge in Sri Lanka verloren, doch wir waren diejenigen, die blind waren. Sie verlor ihr Augenlicht, doch schenkte denjenigen Licht, die auf der Schattenseite der Erde lagen.
Colvins erste Jahre als Journalistin
Die US-amerikanische Journalistin Marie Catherine Colvin wurde am 12. Januar 1956 in Queens, New York geboren. Colvin studierte an der renommierten Yale University Anthropologie. Während ihres Studiums begann sie für die «Yale Daily News» zu schreiben. Ihre Arbeit bei der Studierendenzeitung inspirierte sie dazu, Journalistin zu werden. Auf dem Campus war sie für ihre besonders starke und engagierte Persönlichkeit bekannt.
Marie Colvin begann ihre Karriere bei der amerikanischen internationalen Nachrichtenagentur United Press International (UPI) und arbeitete unter anderem im Jahr 1984 als Pariser Büroleiterin der UPI. 1985 wechselte sie zu der Sunday Times und war ab 1986 Korrespondentin für den Nahen Osten. Noch im selben Jahr machte Colvin Schlagzeilen, als sie den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi. Colvin war die erste Journalistin, die nach dem US-amerikanischem Luftangriff namens «Operation El Dorado Canyon» auf Libyen mit Gaddafi ein Interview führte.
Auch zu späteren Zeitpunkten behielt sie ihre beispiellose Verbindung zu Gaddafi. 25 Jahre lang gewährte Colvin dank der Welt einen Einblick in die Gedankenwelt des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi. Colvin durfte das Haus von Moatassim Gaddafi, dem Sohn und ehemaligen Berater nationaler Sicherheit, betreten und berichtete später über die paranoide Besessenheit von der Sicherheit in Gaddafis Haus.

Die furchtlose Kriegsberichterstatterin
Während ihrer 30-jährigen Karriere als Kriegsberichterstatterin reiste Colvin in verschiedenste Konfliktgebiete, darunter Osttimor, Simbabwe, Libyen, Tunesien, Tschetschenien, Kosovo, Syrien, Irak und Sri Lanka. 1999 sorgte sie international für Schlagzeilen, als sie sich weigerte, bei einem indonesischen Angriff in Osttimor ein Gelände der Vereinten Nationen zu verlassen. Während ihre Berufskollegen Osttimor verliessen, machte die Journalistin auf die Notlage der Bevölkerung aufmerksam.
Bis zu 2’000 Menschen starben aufgrund der Gewaltwelle der indonesischen Regierung gegen Osttimors Unabhängigkeitsbestrebungen. Marie Colvin rettete durch ihren Einsatz 1’500 Frauen und Kinder. Colvin lehnte die Flucht ab und blieb stattdessen bei einer Truppe der Vereinten Nationen, um im Fernsehen und der «The Sunday Times» über die zurückgebliebenen Menschen in Osttimor zu berichten. Nach vier Tagen konnte die Gruppe evakuiert werden.
Zu ihrer späteren Lebenszeit wurde ihre schwarze Augenklappe zu ihrem Markenzeichen. Diese trug sie, da sie am 16. April 2001 ihr linkes Auge durch Granatsplitter einer von der sri-lankischen Armee abgefeuerten Granate verloren hatte. Colvin berichtete zu dieser Zeit über die Kriegsverbrechen der sri-lankischen Regierung gegen die tamilische Bevölkerung. Ihren 3’000 Wörter umfassenden Artikel schrieb sie trotz ihrer Verletzung noch vor Redaktionsschluss fertig und dokumentierte in ihrem Bericht die humanitäre Katastrophe in der nördlichen Tamilenregion. Die Journalistin litt später aufgrund des Vorfalls an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Colvins Tod
Marie Colvin überquerte im Februar 2012 mit einem Motocross-Motorrad die syrische Grenze und missachtete somit die Bestrebungen der syrischen Regierung, ausländische Journalisten an der Einreise ohne vorheriger Genehmigung nach Syrien zu verhindern. Am 21. Februar machte sie in der Stadt Homs ihre letzte Sendung, in der sie über Satellitentelefon für die Sender BBC, Channel 4, ITN News und CNN auftrat.
Die Journalistin berichtete über die Angriffe syrischen Streitkräfte auf Zivilisten und zivile Einrichtungen. Am darauffolgenden Tag, dem 22. Februar 2012, starb Colvin bei einem Anschlag. Marie Colvin und weitere Journalisten flüchteten in das Gebäude, in der sich der Sprengsatz des Anschlags befand, da an diesem Tag ihr inoffizielles Medienzentrum von einem Artilleriefeuer der syrischen Armee getroffen wurde.
Die Regierung in Damaskus behauptet, dass der Sprengsatz von Terroristen in das Gebäude, in welcher Colvin sich befand, platziert worden sei. Ihre Mutter Rosemarie Colvin ist jedoch der Meinung, dass ihre Tochter absichtlich von den syrischen Regierungstruppen ins Visier genommen wurde. Die Beerdigung fand unter grosser Anteilnahme am 12. März 2012 in New York statt.
Eine Frau, die ihr ganzes Leben einer einzigen Mission gewidmet hat: Augenzeugin von Kriegsverbrechen zu sein. Colvin entschied sich jedes Mal bewusst für die Lebensgefahr, um über das Leiden von Kriegsopfern zu berichten, ihnen eine Stimme zu geben und ihr Leid sichtbar zu machen. Ein Leben voller Gefahr, ständig auf Reisen isoliert von Familie und Freunden: Colvin musste nebst ihrem tragischen Tod einen viel zu hohen Preis für ihre ausserordentliche Leistung als Kriegsberichterstatterin zahlen.
Colvin zählte zu den wenigen Journalisten, die über den Krieg in Syrien berichteten. Ihr Tod hinterlässt eine Lücke, die heute noch sichtbar ist, da Medienunternehmen ihre Mitarbeiter nur noch selten in Kriegsregionen senden und somit das Schicksal von Kriegsopfern unsichtbar bleibt.
Marie Colvin konnte weder neue Kriege verhindern noch die Welt verändern, doch hat ihr Leben zu einem Kunstwerk ihrer Leidenschaft gemacht: Der Leidenschaft, die Welt aufhorchen zu lassen und vergessene Geschichten zum Leben zu erwecken.
Colvins Leben ist mit der Schauspielerin Rosamund Pike in der Hauptrolle verfilmt worden. Den Trailer zum Film „A Private war“ findest du hier:
Quellen:
https://www.npr.org/2018/11/04/663571722/a-new-biography-of-marie-colvin-eyewitness-to-war
https://www.newyorker.com/books/page-turner/a-book-that-captures-the-singular-life-of-marie-colvin
https://edition.cnn.com/2012/02/26/world/syria-marie-colvin/index.html